Die COVID-Pandemie hat das Leben aller Menschen in Wien verändert, doch jenes hochaltriger (80 Jahre und älter) und pflegebedürftiger Menschen im betreuten Wohnen, in Pensionist*innenwohnhäuser, in spezifischer Weise. In der geplanten narrativ-ethnographischen Forschung in zwei ausgewählten betreuten Wohnhäusern der “Häuser zum Leben” soll folgende Frage im Mittelpunkt stehen:
Wie erleben hochaltrige Menschen im betreuten Wohnkontext die Pandemie und wie ordnen sie diese lebensgeschichtlich ein?
Hierbei interessiert uns sowohl ihr aktuelles Befinden wie auch ihre Schilderungen früherer Erfahrungen, und wie sie diese in Bezug zueinander setzen. Dieser narrativ-ethnographische Forschungszugang basiert sowohl auf der Annahme, dass die gegenwärtige Lebenssituation den Blick auf das Vergangene prägt, als auch darauf, dass das aktuell Erlebte in frühere Erfahrungen eingebettet wird. Ausgehend von der zentralen Fragestellung, werden wir folgenden Unterfragen nachgehen: Welche Veränderungen haben sich für die Bewohner*innen in ihrem gewohnten Sozialleben und in Bezug auf Care- und Sorgebeziehungen ergeben? Welche Strategien haben sie entwickelt, um mit den Veränderungen und Herausforderungen (in Bezug auf Alltag, Beziehungen, und Pflege) umzugehen? Mit welchen vergangenen Erfahrungen setzen sie die gegenwärtige Pandemie-Erfahrung in Bezug? Besondere Berücksichtigung in der Analyse der empirischen Erhebungen wird der institutionelle Kontext (betreutes Wohnen) finden, in dem die Pandemie erlebt wurde und wird. COVID- Maßnahmen, die gesetzt wurden, beeinflussen das Leben der Bewohner*innen seit Beginn der Pandemie maßgeblich. Hierbei interessiert uns besonders das Ausloten von Selbst- und Fremdbestimmung bzw. wie dieses Spannungsverhältnis erlebt wird als auch die Reflexion in Bezug auf gelebte bzw. zugeschriebene Geschlechterrollen: Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten bestehen zwischen den Erlebnissen und der lebensgeschichtlichen Einordnung in Bezug auf Geschlecht und welche Aussagen lassen sich in Hinblick auf gelebte bzw. zugeschriebene Geschlechterrollen und queere Perspektiven treffen? Ein Team von zwei Sozial- und Kulturanthropologinnen wird diese Fragestellungen in zwei ausgewählten Pensionist*innenwohnhäuser narrativ-ethnographisch nachgehen. Methodisch zentral sind dabei die teilnehmende Beobachtung und narrative Interviews mit Bewohnern und Bewohnerinnen der beiden Häuser. In der Aufarbeitung der Projektergebnisse wird das Projektteam auf Theorien der Anthropologie und benachbarten Disziplinen zu Care, Erinnerungs- und Lebensgeschichtsforschung, Alternsforschung, und Gender aufbauen und neue Impulse zur Weiterentwicklung derselben geben. Darüber hinaus werden die Erkenntnisse des Projekts mit den Bewohner*innen reflektiert und mit dem Leitungspersonal und anderen wichtigen Stakeholdern diskutiert.